Ein Tag am Meer
Ein neues Album der MASTERS OF REALITY gibt´s nicht oft zu beklatschen. Fünf Jahre nach der Reste-Werkschau „Give Us Barabbas“ und sieben Jahre nach dem Livealbum „Flak´n´Flight“ bekommt die letzte reguläre Studioscheibe „Deep In The Hole“ nun endlich einen Nachfolger. Vorhang auf für „Pine/Cross Dover“ und Mastermind Chris Goss!
Der Sänger, Gitarrist, Komponist und Produzent spricht zwar bereits mittags mit schwerer Zunge und klingt. als ob er sich mächtig einen gedampft hätte, ist ungeachtet dessen aber geistig voll auf der Höhe und weiß sogar noch, was wir bei unserem letzten Treffen vor immerhin fünf Jahren gegessen haben »Der Braten und die Knödel im Brauhaus waren echt klasse, oder?«
Chris, warum brauchst du immer so lange für ein neues Masters Of Reality Album? Steht deine eigene Band auf deiner Prioritätenliste nicht ganz oben?
CHRIS: Nun Ich muss ja auch von irgendetwas leben und produziere daher viele andere Alben. Die Arbeiten an der letzten Scheibe von Queens Of The Stone Age haben über ein Jahr gedauert. Darüber hinaus war ich oft in London und habe dort die Unkle CD co-komponiert «
Unkle sind eher ein EIektro-Act, oder?
CHRIS: Ja, dabei aber sehr psychedelisch Das reizt mich so daran. Außerdem lebe ich meine kreative Ader auch mit anderen Projekten aus, beispielsweise trat Twiggy Ramirez (Er bezieht sich auf die tollen Goon Moon, von denen es bis lang zwei Alben gibt - ms) Ich sage immer: Ich bin ein Koch, der in vielen Restaurants kocht, aber am liebsten koche ich zu Hause –nämlich bei MASTERS OF REALITY!
In den erstmals von dir verfassten Linernotes steht, dass das neue Album “quick from the gut“ entstanden sei. Lag das am Zeitmangel, oder war es eine bewusste Entscheidung, weil dir gerade danach war, schnell und aus dem Bauch heraus zu schreiben?
CHRIS: Es ergab sich emfach so. Ich hatte keine konkrete Vorstellung, als ich mit dem Komponieren anfing. Ich hatte nur ein paar Riffs, aber die fügten sich so schnell zu Songs zusammen, dass das Album quasi von selbst Gestalt angenommen hat.
Wie hast du denn überhaupt koponiert? Als einziges festes Bandmitglied hast du ja nur Schlagzeuger John Leamy, und zu zweit kann man schlecht jammen. Hast du dir den fehlenden Bass bzw. Gitarre erst mal nur vorgestellt, oder hast du viel mit dem Computer gearbeitet.
CHRIS: Ich habe zum Glück viele Freunde, die mich regelmäßig besuchen. Die habe ich dann meist in die Jam-Sessions eingebunden. Dave Catching (u.a. EODM, Earthlings?, Desert Sessions - ms) hat beispielsweise oft Gitarre gespielt. Die Arrangements, die Gesangsaufnahmen und der Mtx liefen quasi parallel. Das war eine ganz schon verrückte Arbeitsweise.
Das Album hat einen doppelten Titel und passend dazu zwei Frontcover Welche Idee steckt dahinter?
CHRIS: Ursprünglich wollte ich die CD „Pine“ nennen und hatte auch schon ein schönes Artwork dazu. Dann kam mein Schlagzeuger John mit diesem tollen Gemälde, auf dem eine große Glocke ins Meer fällt, sowie dem Titel Cross Dover“ an. Ich wurde ganz neurotisch, weil mir beide Varianten so gut gefielen und und ich mich nicht entscheiden konnte. Irgendwann dachte ich: Warum nehmen war nicht einfach beides? Mich amüsiert die Idee, dass die Verkäufer in den Plattenläden irritiert sein könnten und nicht wissen, mit welcher Vorderseite sie die CD ins Regal einräumen sollen. Vielleicht verdopple ich ja so die Vorbestellungen, weil die Deppen von Walmart meinen, dass es sich um zwei verschiedene Alben handelt (lacht)
Einige Stücke, vor allem „Worm In The Silk“ und „Johnny s Dream“ - sind sehr experimentell und psychedelisch. Hast du zu der Zeit viele Drogen genommen?
CHRIS: Nicht mehr als sonst auch (lacht).
Obwohl diese beiden Songs mit ihrer sperrigen Art manche Hörer verschrecken könnten, hast du sie in der vorderen Hälfte des Albums platziert, wogegen eingängige Hits wie „Up In It“, „Dreamtime Stop“ oder „Rosie´s Presence“ erst später kommen. Warum?
CHRIS: Weil sie die Stimmung, die ich bei den Arbeiten an diesem Album hatte auf den Punkt bringen. I habe einen stürmischen Tag am Meer verbracht, der eine düstere Stimmung besaß, aber unglaublich wahrhaftig war. In dieser Verfassung spürte ich erstmals den Wunsch, Linernotes zu verfassen.
Ich habe sie noch am Strand geschrieben. Ich hatte in dieser Phase viele wirre Träume, die einem David Lynch Film glichen und auf eine stille Art gewalttätig waren.
Diese beiden von dir genannten Nummern sind ähnlich wie meine Träume: Sie folgen keiner logischen Struktur, sind aber sehr intensiv und atmosphärisch.
Mir ist schon klar, dass diese Songreihenfolge aus kommerzieller Sicht nicht ideal ist, aber eh bin nun kein aalglattes Produkt, das man toll vermarkten kann. Ich gehe in Los Angeles nicht auf Konzerte, um mein neues Album ins Gespräch zu bringen, und ich habe auch keine Lust, diesen ganzen Internet-Mist mitzumachen. Neuerdings sind ja alle am Twittern oder geben MySpace-Status-Updates im Minutentakt ab.
Diese Idioten lassen die ganze Welt an ihren Nichtigkeiten teilhaben und posten sogar, wann sie scheißen gehen. Fuck that! Ich habe keine Lust, mich den Leuten ständig aufzudrängen. Ich verweigere mich. Ich möchte kein Online-Sklave sein und meine Zeit nicht damit verbringen, zig Stunden mit Fans zu chatten. Ich werde nicht dein fucking Internetkumpel, nur damit du meine neue CD kaufst!
Ich bin ein Musiker, und wenn dir gefällt, was ich mache, dann kauf dir meine Alben und komme zu meinen Shows. That´s it!
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