Interview © CD Starts.de

von Mauricio Quinones

08.09.2009

 

Chris Goss (Masters Of Reality)

der Geburtshelfer des Stoner-Rock im Gespräch.

Chris Goss ist Kopf der Masters Of Reality, einer Rockband aus Los Angeles, die seit 1981 existiert und die als Geburtshelfer das Genres Stoner-Rock gilt. Darüber hinaus ist der umtriebige Goss Produzent und half an drei von vier Alben den Sound der Stoner-Rock-Band schlechthin zu kreieren: Kyuss. Mit dessen damaligen Gitarristen und heutigen „Queens Of The Stone Age“-Vorsteher Josh Homme verbindet ihn eine tiefe Freundschaft, die ihm noch bei jedem QOTSA-Album co-produzieren ließ. Mit Jordie White oder Twiggy Ramirez – dem Gitarristen Marilyn Mansons – unterhält er das experimentelle Nebenprojekt Goon Moon.

CDstarts.de: Obligatorische Telefon-Interview-Frage: Wo bist du und wie geht es dir?

Goss: Es geht mir großartig. Ich bin heute in München, auf der Promotion-Tour für das neue Album und es ist ein herrlicher Tag, nicht so heiß wie gestern, ein guter Wind weht, man hört Hunde bellen.

CDstarts.de: Du warst lange nicht mehr in Deutschland. Nach deiner schlimmen Infektion aufgrund eines Operationsfehlers und kurzzeitigem Koma an Weihnachten 2004 musste man Schlimmes befürchten, aber du hast dich offenbar blendet erholt. Nach den beiden Goon Moon-Alben 2005 und 2007, und deiner beständigen Produzententätigkeit (zuletzt UNKLE, The Duke Spirit) kommt jetzt also endlich ein neues Album deiner Hauptband Masters Of Reality. Erzähl uns ein wenig, wie dies zustande kam, angekündigt war es ja bereits für den Sommer 2008.

Goss: Ja, das meine ich mit: es geht mir großartig. Es ist so schön wieder hier zu sein. Und zwar Aufgrund meiner Arbeit, meiner Musik, meiner Leidenschaft. Ich fühle mich heute gesünder als vor der Sache. Die Tatsache das alles überstanden zu haben, die Tatsache jetzt hier in München zu sein und über mein neues Album zu sprechen: das macht glücklich. Also, Ed van Zijl (Mascot-Group-Labelchef) fragte mich ob ich nicht wieder Lust hätte ein Album aufzunehmen und die hatte ich tatsächlich. Es ist schwer zu glauben heutzutage, aber weißt du, ich bin in der seltenen Lage ein über alle Maßen rücksichtsvolles Label hinter mir zu haben. Und als ich im Mai 2008 nicht zufrieden war mit der Platte wollte ich noch ein wenig an ihr rumfeilen, Ed sagte, kein Problem, weißt du was, lass dir soviel Zeit wie du willst, wir probieren sie mal nächstes Jahr im Sommer herauszubringen, das ist dann leichter wegen den ganzen Festivals.

Für die Aufnahmen selbst hatte ich diesmal Lust ein richtiges Rock’n’Roll-Album aufzunehmen, ich selbst spiele ja die akustische Gitarre besser als die elektronische, aber ich wollte diesmal bewusst auf Unplugged-Sounds verzichten, nicht dass ich gegen das derzeitige Folk- und Akustik-Gitarren-Revival bei mir in den USA etwas hätte, ich dachte bloß: es wird wieder Zeit für einen schön verzerrten elektronischen Gitarren-Sound. Außerdem empfinde ich das Album als recht englisch. Eine Menge der Musik mit der ich mich in letzter Zeit auseinandergesetzt habe stammt von dort. Zum Beispiel ist der erste Song „King Richard tlh“ eine Hommage an John McLaughlin von Mahavishnu Orchestra. Auch orientieren sich einige Stücke in ihren Bassläufen stark an Puplic Image. Diese Rhythmuslastigkeit ist genau was ich diesmal wollte.

CDstarts.de: Und trotz der Konstante, dass dein Rock aus sich beständig wiederholenden, aber sich nuanciert verändernden Rhythmen besteht, scheint eine Neuerung durch: du setzt auf „Pine/Cross Dover“ mehr auf Improvisation als auf alten „Masters Of Reality“-Alben. Mit dem Schlusstrack „Alfalfa“ habt ihr sogar einen richtigen Jam dabei.

Goss: Absolut. Stücke wie „Johnnys Dream“ sind bis auf die Grundmelodie frei improvisiert. Bei „Alfalfa“ haben Mark, Brendon, John und ich uns in einen Raum in unser Studio in der Rancho de la Luna begeben, wie waren in dieser Konstellation das erste Mal zusammen, haben einfach die Instrumente angeschlossen und ohne Skizze oder Plan drauflosgespielt. Ehrlich gesagt wollte ich mein ganzes Leben lang so Musik machen. Ein 18-minütiger Take ist entstanden, den ich beim produzieren auf zwölf Minuten vereinheitlichte. Was wir da gemacht haben ist ein wahrgewordener Traum für mich.

CDstarts.de: Das Album ist in „Pine“ und „Cross Dover“ thematisch zweigeteilt, ergab sich das aus der Improvisation oder war das von vorneherein so anvisiert?

Goss: Ein bisschen beides. Weißt du, John hat einfach immer so wunderschöne Cover-Ideen und als er mit den beiden für „Pine/Cross Dover“ zu mir kam und nicht wusste welches wir nehmen sollten, sagte ich, hey, lass uns einfach beide nehmen! Dazu kommt, dass wir während der Aufnahmezeit am Anfang in einer anderen Stimmung waren, als am Ende, dies hört man der Platte auch an, hat sich quasi auf die Songs übertragen, da fügte sich das einfach nur perfekt ins Bild mit Johns beiden Coverentwürfen.

CDstarts.de: Im Oktober kommt ihr endlich wieder nach Europa, darunter auch Deutschland. Wenn ein alter Hase wie du nach so langer Zeit wieder in einer bestimmten Region vorbeischaut, sind die Emotionen noch andere?

Goss: Und wie. Es ist so lange her, dass ich mit den Masters hier war, lass mich mal überlegen, ich glaube das letzte Mal 2001. Ich bin über alle Maßen aufgeregt und freue mich riesig darauf. Ich bin eben auch Musiker, weißt du? Es wird einfach wieder Zeit.

CDstarts.de: Eine Idee über die Live-Band-Zusammensetzung? Die an den Aufnahmen beteiligten „Eagles Of Death Metal“-Gitarreros Brian O’Connor und Dave Catching dürften wohl kein Zeit haben, aber vielleicht Ex-Queens Of The Stone Age Brendon McNichol der so oft die zweite Gitarre auf dem Album spielt?

Goss: Noch habe ich keine konkrete Vorstellung. Wer Zeit und Lust hat kommt mit. John [Leamy] ist mein Rückrat, mein Schlagzeuger und so unendlich vieles mehr. Er und ich, das sind zurzeit die Masters Of Reality. Alles andere wird sich ergeben.