© Home of Rock 2001

Autor: Fred Schmidtlein

Bilder: Adelina Schmidtlein

www.home-of-rock.de

 

MASTERS OF REALITY

live München 07. Dezember 2001 im METROPOLIS

“Nieder mit dem Schubladendenken!" Propagiert Mitschreiber Martin Schneider, hat Sex mit Elfen und zieht sich anschließend eine Grunzdeathmetalscheibe zur Entspannung rein.
So weit würde Boogie-Fred nie gehen und hätten mich nicht unsere Freunde von EPM, anlässlich einer Aktion im Vorfeld dieser Tour, auf die Band aufmerksam gemacht, wäre dieses Konzert an mir vorbei gegangen. So wie es die Band seit ihrer ersten Platte, 1988, getan hat.

Das Metropolis im Kunstpark Ost ist anständig gefüllt, das Publikum ist jung, trägt Kopfsocke, Ziegenbart (zumindest die, denen schon einer wächst) und hat vorzugsweise 5 Piercings. Alternativ stehen Junghippies herum, rauchen Weed und sind ausgesprochen relaxt.
Der "Pisa"-Test hat es diese Woche ans Licht gebracht: Deutschlands Schüler sind dumm. Besonders im Fach "Textverständnis" hapert es.
Es gibt 2 Möglichkeiten. Entweder das stimmt nicht, dann steht uns eine goldene Rock & Roll-Zukunft bevor. Oder der Test sagt die Wahrheit und die Kids haben nicht kapiert, was ihnen Mastermind CHRIS GOSS 90 Minuten lang unterjubelt.

Auf der Bühne stehen, neben dem mächtigen GOSS (Vocals & Guitar), JOSH HOMME (Guitar, u.a. Kyuss, Queens Of The Stone Age), NICK OLIVERI (Bass, ebenfalls ex-Kyuss, Queens Of The Stone Age) und Drummer JOHN LEAMY.
Und im Laufe des Konzerts kamen noch folgende Partner auf die Bühne:
Leslie West, Jerry Garcia, Jimmy Page, Tony Iommi und Geezer Butler, Lonesome Dave Peverett, Angus Young, Lenny Kravitz (wurde vertraglich zum Rocken gezwungen), Ted Turner & Andy Powell, Lemmy, Jim Morrison und eine ganze Armada weiterer Gäste.
Unentschuldigt fehlten: Kurt Cobain, Sting, Bryan Adams, Bono und Roy Black.

Das soll heißen: Die MASTERS OF REALITY haben gerockt wie die Tiere. Und damit das ganze nicht klingt wie eine Retro Show, haben sie ihren Set absolut staub- und rostfrei abgezockt.
Immer wenn der Bass etwas zu "alternative" klingt, kommt sofort ein wunderbares zweistimmiges Solo, wenn die Gitarre von Goss etwas zu sehr schrammelt, gibt es eine Slide-Infusion von Josh Homme, wenn ein Refrain etwas zu wummelig wird, gibt's einen satten Kick von hinten und es wird wieder gerockt und wenn es keine Steigerung in punkto Härte und Schnelligkeit mehr gibt, wird flugs die Zwölfsaitige rausgeholt und ein schöner, moderner Blues gespielt, der (fast) nichts mit Muddy Waters zu tun hat.
Chris Goss hat eine klare, ausdrucksvolle Stimme, die immer wieder an Leslie West, zu besten Zeiten, erinnert. Außerdem spielt er vorzüglich Gitarre und wird dabei von Josh Homme, einem echten Meister, unterstützt bzw. gefordert.
Nick Oliveri ist ein Fachmann für den einfachen, gradlinigen Bass und Drummer Leamy klingt zuerst etwas steif und hölzern. Als im aber nach 2 Songs die Snare abkackt und während dem Lied ausgetauscht wird, kriegt er das große Grinsen und spielt ab diesem Moment unheimlich "beswingt" und groovt im Hintergrund beinahe Percussion-mäßig dahin. Wenn es eine Nummer braucht, lässt er es allerdings krachen, dass man manchmal den jungen Keith Moon zu hören glaubt.

Klingt alles sehr nach Rock'n'Roll-Show. Das sagen die 4 aber niemandem, sondern lassen sich bereitwillig ein paar Etiketten aufs eigenwillige Bühnenoutfit kleben. Stoner Rock, Alternative Metal, Doom und sonst noch was. Clevere Täuschung, denn so spricht man mindestens 2 Fan-Generationen an. Dazu noch ein "schickes" Bärtchen und ein Topflappen auf dem Kopf, damit ein paar Kids vor der Bühne glauben, sie sehen aus wie die Mucker auf der Bühne (lieber Himmel, lass mich nie aussehen wie Johnny Winter).

Die Setlist ist geschickt aufgebaut, gibt den Leuten älteres und neueres Material gut gemixt, lässt keinen Durchhänger zu und steigert sich zum Ende hin zu einem echten Hurrican. She Got Me, John Brown vom ersten Album und der finale Hammer Goin' Down, der in foghat'scher Manier daherdonnert.
Das IST dann Rock'n'Roll-Show. Aber vom Allerfeinsten. ZZ Top meets AC/DC und Foghat.
Die letztgenannten Nummern sind zwar etwas leichtgewichtiger als die 80 Minuten vorher, zeigen aber den Jüngeren im Publikum, wo der Hammer hängt und machen die alten Säcke so richtig glücklich.

Ich bin jetzt MoR-Fan, habe definitiv DIE Konzertüberraschung des Jahres erlebt und sage: "Nieder mit dem Schubladendenken!"