© Rockhard 1999

Autor: Wolf Rüdiger Mühlmann

Bild: Alex Solca

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Krasse Nippel

Er produzierte Kyuss, hat mit Wüstenrock allerdings nur wenig am Hut. Er verwandelt Blues in eine spannende Sache, sieht sich aber als Rockmusiker. Er ist immer schwer beschäftigt, geizt aber mit eigenen Veröffentlichungen. Chris Goss ist schon ein mysteriöser Kauz.
Aber wenn sich der schwergewichtige Glatzkopf wieder einmal zurückmeldet, steht alles vor Freude Kopf. Denn seine Band MASTERS OF REALITY wird in den Medien weltweit gefeiert. Ihre Touren  sind  meist ausverkauft;  selbst Veranstalter großer Festivals reißen sich um die Combo.

»Die Leute vom Dynamo Open Air schickten uns regelmäßig Faxe und baten uns, wir mögen doch bitte bei ihnen spielen«, erinnert sich Goss an seinen Auftritt in Eindhoven im vergangenen Jahr. »Natürlich war es eine besondere Erfahrung, vor so vielen Leuten zu spielen. Ich sehe das auch als späten Lohn für die harte Arbeit vieler Jahre an. Aber irgendjemand hatte bei unserem Auftritt die Regler zurückgeschoben, so daß wir in etwa bei Zimmerlautstärke spielen mußten. Das ist doch kein Rockfestival, wenn sich die Fans während des Konzerts ganz normal unterhalten können.«

Die MASTERS OF REALITY machten erstmals 1988 auf sich aufmerksam. Damals erschien das gleichnamige Debütalbum, das später unter dem Titel “The Blue Garden" erneut aufgelegt wurde. 1993 folgte “Sunrise Of The Sufferbus", eine perfekte Symbiose aus Hardrock und Blues. Manche Zeitgenossen sprachen gar von der besten Hardrockband seit Black Sabbath.  Danach war Ruhe in der Truhe. Auflösungsgerüchte machten die Runde, zumal Chris Goss sich immer intensiver um seinen Producer-Job kümmerte. 1997 erschien plötzlich ein Live-Album der Meister, “How High The Moon... Live At The Viper Room", eine Art Best-of-Album, aufgenommen in dem bekannten Club am Sunset Strip in Hollywood, wurde weltweit abgefeiert.

Auf ihrem aktuellen Werk “Welcome To The Western Lodge" klingen die MASTERS OF REALITY jünger und frischer, als ob es die alten Zeiten nie gegeben hätte.

»Na ja, so ganz haben wir uns nicht von der Vergangenheit gelöst. Ich denke, unsere Musik ist düsterer, bitterer geworden. Ich bin nicht täglich fröhlich und beschwingt. Warum sollte es dann meine Musik sein?« erklärt der Sänger und Gitarrist der Band, die eigentlich keine richtige ist. Die Masters bestehen nur aus zwei Mitgliedern. Goss ' Partner ist John Leamy, der im Studio Drums, Keyboards und Baß einspielte. Für Konzerte kommt noch ein Session-Musiker hinzu.
Die angestrebte Verbindung von Tradition und Moderne wird bereits durch das Coverartwork des aktuellen Albums ausgedrückt. Das Frontcover ziert eine Lüftungsdüse, wie sie über den Sitzen in Flugzeugen zu sehen ist.

»Ich finde das Bild mehrdeutig. Einerseits erinnert es an Nippel oder an Frauenbrüste. Andererseits ist es halt pure Technik. Und im Booklet stellen wir alte Lautsprecher futuristischen Bildern gegenüber. Krasse Gegensätze, die dennoch zueinander passen. Genau wie in unserer Musik.«