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Autor: Björn Döring

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Masters Of Reality
     Ein garstig Liebeslied

Es ist ein Geschenk der Liebe, das da in all seiner sperrigen Häßlichkeit, mit all seinen schroffen, wütenden und deprimierten Details aus den Boxen kriecht. 'Ich wollte eine verdammt harte Platte für meine Frau aufnehmen', sagt Chris Goss, der letzte Master of Reality, der die Historie dieser Band seit 1981 mitbekommen hat.

 

'Es ist schon lustig, weil ich im Laufe der Jahre natürlich immer wieder nette Songs für sie geschrieben habe. Liebeslieder. Aber damit konnte ich sie nicht beeindrucken. Sie will rocken, also schrieb ich ein Album, das dunkel und heavy und häßlich ist - just for you, my dear!' Der Liebesbeweis trägt den Namen 'Welcome To The Western Lodge', ist seit Jahrhunderten das erste Studioalbum der Band aus Syracuse, NY und birgt für Chris Goss einen unschätzbaren Vorteil in sich: zwar ist diese Platte wieder mal zu schrullig, zu aufwendig, zu hart, zu unkonventionell, um die Masters of Reality endlich zu Superstars zu machen, aber zumindest wird mit diesem Senkblei in Richtung Hölle endlich das dumme Gerede aufhören, die Masters klängen, als würden die Beatles eine Session mit Black Sabbath bestreiten.

Statt dessen knarzen die schweren Gitarren wie überdimensionale Türen, die sich langsam in den Klangraum der 70er hinein öffnen. Dort schwirren Vocals aus Bowies “Space Oddity' herum, eine Orgel pumpt pittoreske Wärme in eine vor Depression erstarrte Welt.

Doch die Downer werden alsbald von einer schneidend harten Präzision zerfetzt, wie sie in den 90ern von Soundgarden auf den Punkt gebracht wurde.

Der einzige Co-Musiker und -Songwriter, den Goss auf diesem brillanten Egotrip akzeptiert hat, heißt John Leamy. Er spielt Drums, Keyboards und Baß auf einem Album, das jede Menge Material enthält, 'das ich mir schon seit Jahren von der Seele schreiben wollte', wie Goss erleichtert feststellt. Man mag gar nicht wissen, wie eine Seele aussieht, die in der Lage ist, solche Dinge hervorzubringen.