© Heavy 1999

Autor: Kai Florian Becker

Bild: Plattenfirma

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Ach hatte mich darauf gefreut, Chris Goss, den Mann, der KYUSS stets einen amtlichen Sound verpaßt hatte, zu interviewen. Doch Herrn Goss waren ein paar Läuse über die Leber gelaufen. Wort ab!

Ich hatte heute schon viele Interviews. Zu viele wie ich finde. Das bringt mich noch um. Immerhin hatte ich die Möglichkeit, in den letzten Tagen einige Musikbegeisterte kennenzulernen, was es mir leichter machte, das alles durchzustehen."

Beste Voraussetzungen also... Wie kommt es, daß MASTERS OF REALITY, eine Band, die auf internationaler Ebene hohes Ansehen genießt, bei einem kleinen holländischen Label gelandet ist?

"Man hat mir von vornherein alte künstlerischen Freiheiten zugesichert. Außerdem kann ich jetzt meine Alben nicht nur in Europa, sondern auch in Japan veröffentlichen."

Zur Erklärung: Brownhouse ist das Label von Chris Goss und arbeitet eng mit Mascot zusammen. Allerdings will Goss neben MASTERS OF REALITY auch anderen Bands ein Forum bieten. Woran liegt es, daß immer Jahre ins Land gehen, bis ein neues Album deiner Band im Kasten ist?

"Ich bin ein sehr beschäftigter Mensch."

Ich weiß, aber dennoch...

"Produzieren, ein Studio bauen, Pläne entwickeln. Das braucht eben Zeit. Es kommt selten vor, daß sich eine Plattenfirma bei mir meldet und sagt: 'Hi Chris, hier sind 200.000 Dollar und morgen schaut die Band im Studio vorbei.' Das ist eher ein seltener Fall. Ich beschäftige mich viel mit Bands, deren Musik ich einfach mag und die keinen Vertrag in der Tasche haben. Da kommt der Musikfreak in mir durch. Ich kümmere mich um sie, versuche, ein Label auf sie aufmerksam zu machen und produziere Ihr Album. Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Natürlich sollte es nicht immer Jahre dauern, bis ein neues MASTERS OF REALITY-Album auf dem Tisch liegt. Das weiß ich besser als irgend jemand sonst. Ich verspreche, es wird sich bessern."

Mich hat weniger überrascht, daß ihr “Welcome to the Western Lodge” zu zweit eingespielt habt. Du hast Gitarre gespielt und dir Baß und Keyboards mit John Leamy geteilt, der auch hinter den Drums saß.

"Mein Ziel war es, das Album in der kürzesten Zeit aufzunehmen und alles simpel zu halten. Ich wollte es einfach nur schnell hinter mich bringen."

Besonders für KYUSS warst du als Musiker und auch Produzent Vorbild und Einfluß. Sie hatten dich in Interviews oft erwähnt, was sicherlich einge Leute erst auf MASTERS OF REALITY aufmerksam gemacht hat.

"Es erfüllt einen natürlich mit Stolz, wenn man nicht vergessen wird."

Glaubst du, daß nachdem KYUSS sich aufgelöst hatten und die Stoner Rock-Welle plötzlich ins Rollen kam, MASTERS OF REALITY eine neue Chance bekommen haben, die Leute zu erreichen? Vielleicht sind sie jetzt dieser Musik gegenüber aufgeschlossener als noch vor ein Paar Jahren?

"Hoffentlich sind sie bald alle von Drumcomputern angeödet und bereit, sich handgemachten Rock 'n' Roll anzuhören. Ich weiß nicht, wo diese Entwicklung hinführen wird. Derzeit freue ich mich darauf, bald mit MASTERS OF REALITY live zu spielen. Ich bin auch froh, daß das Album fertig und veröffentlicht ist. Ob es in eine Schublade gesteckt wird, ist mir egal."

Wer wird dich live begleiten?

"Das wird in einer Woche bekanntgegeben."

Stört es dich, daß du wahrscheinlich als Produzent bekannter bist, denn als Musiker?

"Nein, ich hoffe, das eine hilft dem anderen. Es gibt bestimmt Leute, die mich als Produzent mögen, weil ich eben auch Musiker bin und umgekehrt. Manchmal stecke ich als Künstler in einer Sackgasse und ich weiß, daß es anderen ebenso ergeht und die genau wissen, was in solch einem Moment in mir vorgeht. Das hilft."

Produzierst du als Musiker anders?

"Ob ich als Musiker anders produziere? Hm, ich hoffe schon."

Welche Produktion hat dir bislang am meisten Spaß gemacht?

"Ganz klar: Die Aufnahmen zu 'Blues For The Red Sun' mit KYUSS. Diese Platte ist einfach klasse. Wir hatten einen Höllenspaß im Studio."

Gibt es viele Künstler mit denen du gerne arbeiten würdest?

"Jimmy Page und Robert Plant wäre eine schöne Sache. Von den neueren Bands gibt es so viele, die wirklich Biß haben. Ich könnte dir jetzt bestimmt zwanzig Bands aufzählen, die ich kenne und mit denen ich liebend gerne arbeiten würde."

Was ist deine Meinung zum Stoner Rock-Hype?

"Das fragt mich jeder, doch ich weiß gar nicht, was Stoner Rock sein soll

Dann fang bei FU MANCHU und KYUSS an.

"Nun, da sehe ich überhaupt keine Parallelen."

Auch gut. Danach blockierte Chris Goss und gab sich unglaublich wortkarg. Irgendwann äußerte er nur noch seinen Haß gegenüber dem Business.

"Ich weiß nicht, ob ich sauer auf das Biz bin, aber auf jeden Fall bin ich gelang weilt. Die komplette L.A.-Musikszene ist tot. Die manipulieren nur noch; wandeln alte Hits in neue um. Eine Szene gibt es nicht mehr. Das trifft auf viele Großstädte dieser Welt zu. Rock 'n' Roll ist verschwunden. Daher bin ich nach Palm Springs gezogen, wo ich meine Ruhe habe. Das sind doch alles nur Ratten, die sich auf das nächste Stück Käse stürzen. Ich hasse das. Da zählt nur der nächste Trend."

Wenn du die Möglichkeit hättest, etwas zu ändern, was würdest du tun - abgesehen davon, alle Ratten zu töten?

"Ha, ha, das ist eine verdammt gute Frage. Du willst mich festnageln. Da brauche ich jetzt eine gute Antwort. Oh, fuck. Eins vorweg: Was ich tun würde, ist immer das, was ich auch tue. Natürlich würde ich am liebsten die Ratten töten. Als zweites würde ich verdammt gute Rock-Platten auf den Markt bringen."

Viel Glück dabei.