Austin Emo´s am 15.03.1997
MASTERS OF REALITY
Support: Slo Burn Besucher: 200
"Das SXSW-Festival bietet im Schnitt 700 Bands, darunter viele Nobodies, die meisten aber auf hohem Niveau. Der Nachmittag auf dem so gut wie nicht angekündigten 'Malicious Vinyl'-Showcase ist jedoch schon alleine nominell ein Überhammer. Die 200 Leute sind fast ausschließlich Industrie-Menschen, John Garcia ist zwar alter Hase genug, um zu wissen, daß er nicht zuviel Euphorie erwarten darf, doch es kommt ganz anders. Für 14.00 Uhr waren sie angekündigt, doch es verschiebt sich alles massiv nach hinten. Macht nichts, ist schließlich noch früh am Tage, gerade recht fürs erste Bierchen. Man sonnt sich in dem Halb-Open-Air-Venue, der nur notdürftig überdacht ist, im Innenhof. Plötzlich setzt eine Gitarre ein, die nur allzu vertraut klingt, ein Schlagzeug, ein Bass, und John Garcia steht auf der Bühne, altvertraut in enger schwarzer Hose, engem dunkelblauen Pulli und mit einem irritierend ernsten Gesichtsausdruck, der sich das komplette Konzert über kaum ändert. Arroganz traut man ihm nicht zu, eine Drogenwirkung ist es auch nicht, offenbar nimmt er diesen Auftritt ernst. Nach dem ersten Song will keiner vorschnell urteilen, nach dem zweiten steht es felsenfest: Slo-Burn ist die Kyuss-Nachfolgeband in jeder Hinsicht. Nach drei Stücken verzieht John zum ersten Mal eine Miene und ruft: "Hi, we are Slo-Burn from Palm Springs. " Dann tauchen sie wieder ab in die nächste breite Session, ins nächste bratzschwere Gitarrenriff, in die nächste Schlagzeugfigur, die immer so einfach wirkt wie ein Fingerschnippen, dabei schlicht und ergreifend noch nie dagewesen ist. Hinterher hat niemand auch nur das Geringste zu bekritteln, dabei kennen die allermeisten Anwesenden keinen einzigen Song. Ehrlich, wer hat sowas schon mal erlebt? "Here we are now, entertain us", die Veranstalter nehmen's wörtlich, laden zur Pausenüberbrückung ein zu einem höchst geschmackvollen Show-Wrestling mit Fettleibern beider Geschlechter in Comic-Kostümen. Ein Gipfel der Stumpfheit, über den sich aber selbst ein verschwitzter John Garcia königlich amüsieren kann. Masters Of Reality waren zwar nie aufgelöst, aber nach Ginger Bakers Ausstieg für lange Zeit tiefgekühlt. Seit Herbst '96 sind Über-Sänger Chriss Goss und seine recht namenlosen Rekruten wieder live aktiv. Der Dicke gibt sich cool, winkt zur Begrüßung lässig ins Publikum und kaut unverdrossen an seiner im Mundwinkel steckenden Zigarette, als sie in das göttlich sphärische "How High The Moon" einsteigen - und wie fett! Wenn man den Blues noch härter spielt, nennt man ihn Motörhead. Die fünf Leute teilen sich auf in drei mal Glatze sowie drei mal Sonnenbrille und bemühen sich redlich, abgebrüht zu wirken. Gottlob sind sie es nicht, dafür aber tight und gut laut. Spätestens bei dem vertrackten "Ants In The Kitchen" beweist der Drummer, daß er ein würdiger Nachfolger von Baker ist, auch wenn es schwer vorstellbar ist. Ein bißchen schade ist nur, daß sie softeres Material wie "J.B. Witchdance" ausgelassen haben, ansonsten kann man nur jubilieren, daß eine brillante untrendy Band wiederauferstanden ist."
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